Kampfkunst und brillante Selbstverteidigung: Das ist Diamond Wing Tsun

Wing Tsun: Die chinesische Kampfkunst zwischen Taoismus und Selbstverteidigung

Wing Tsun ist eine chinesische Kampfkunst, die vor etwa 300 Jahren entwickelt wurde, um sich gegen körperlich überlegene Angreifer zu verteidigen.

Wing Tsun basiert auf den Prinzipien des Taoismus, der die Welt als Konstrukt des ständigen Wandels, Werdens und Wachsens begreift. Natürlichkeit, Spontaneität und Wandlungsfähigkeit stehen im Wing Tsun daher über Verstand, Willenskraft und bewusstem Handeln.

Wing Tsun basiert im Gegensatz zu vielen anderen Kampfkünsten also nicht auf mentaler Konzentration und angespannten Muskeln, sondern auf körperlicher Lockerheit und der Schulung körpereigener Reflexe. Dieses Prinzip manifestiert sich auch im regelmäßigen Training, z. B. in der Übungsform „Chi Sao“ („klebende Hände“).


Geschichte: Vom kantonesischen Fräulein zum modernen Wing Tsun

Um den historischen Ursprung des Wing Tsun ranken sich zahlreiche Mythen und Legenden. Die folgende Darstellung basiert auf dem Text "Der Ursprung des Wing Tsun" von Yip Man.

Als Begründerin des Wing Tsun-Stils gilt das kantonesische Fräulein Yim Wing Chun. Wing Chuns Mutter starb früh, ihr Vater wurde wenig später fälschlich eines Verbrechens bezichtigt. Vater und Tochter flohen und bauten sich eine neue Existenz am Fuße des Bergs Tai Leung auf.

Zu dieser Zeit, Ende des 17. Jahrhunderts, gelangte das Shaolin-Kung Fu zu großer Popularität. Die nichtchinesische Manchu-Regierung beschloss, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten, und ließ unter anderem das Kloster Siu Lam niederbrennen. Unter den fliehenden Mönchen befand sich auch die „Äbtissin“ Ng Mui, die in einem Tempel am Berg Tai Leung Zuflucht suchte. Dort begegnete sie Wing Chun und ihrem Vater.

Als Wing Chun das heiratsfähige Alter erreichte, begann ein dorfbekannter Maulheld der damals etwa 15jährigen nachzustellen. Deshalb erklärte sich Ng Mui bereit, Wing Chun einige Kampftechniken zu lehren, und zog sich mit dem Mädchen für längere Zeit in die Berge zum Training zurück. Nach ihrer Rückkehr forderte Wing Chun den unliebsamen Verehrer zum Kampf – und besiegte ihn.

Kurze Zeit später begab sich Ng Mui auf Wanderschaft. Zum Abschied mahnte sie Wing Chun, die Traditionen des Kung Fu zu achten und zu ehren, aber auch ihre eigenen Techniken weiterzuentwickeln und weiterzugeben, um die Menschen im Kampf gegen die Manchu-Regierung zu unterstützen. Die Verbreitung des Wing Chun Kung Fu nahm seinen Anfang.

Laut Yip Man wurden die Techniken des Wing Tsun stets in direkter Linie weitergegeben, ergänzt und erweitert. Nach dem Tode Yip Mans vor einigen Jahrzehnten kam es zur mehrfachen Spaltung der Wing Tsun Gemeinde. In den verschiedenen Organisationen unterscheiden sich die Stile in vielfältiger Weise, das Chi Sao jedoch ist gemeinsame Basis aller Wing Tsun Stile.


Gute Gründe: Kampfkunst zwischen praktischem Nutzen und Wohlfühlerlebnis

Im Wesentlichen sprechen zwei zentrale Aspekte für das regelmäßige Wing Tsun-Training.

Der Selbstverteidungsaspekt
Kennzeichnend für eine ideale Selbstverteidigung sind eine effektive Wirksamkeit und ein hoher Wirkungsgrad. Wenn ein Angreifer in kürzester Zeit und mit minimalem Einsatz an Mitteln erfolgreich abgewehrt werden kann, spricht dies für die Qualität der Selbstverteidigungstechniken.

Wing Tsun wurde gezielt entwickelt, um die individuellen Fähigkeiten zur Selbstverteidigung selbst bei körperlicher Unterlegenheit zu sichern. Ein fein abgestimmtes Spektrum von Aktionsmöglichkeiten gewährleistet dabei stets eine dem Angriff angemessene Reaktion.

Aus diesem Grund eignet sich Wing Tsun sowohl für die persönliche Selbstverteidigung als auch für den professionellen Einsatz, z. B. in der Polizei- und Sicherheitsarbeit. Entsprechend vielfältig sind die Menschen, die Wing Tsun trainieren – von Handwerkern, Journalisten und Ärzten bis hin zu Personenschützern, Sicherheitsdienst- und Sondereinsatzkräften.

Der Gesundheits- und Wohlfühlaspekt
Das Wing Tsun-Training basiert in hohem Maße darauf, die eigenen Gedanken „auszuschalten“ und sich von seinen taktilen Reflexen (Tastsinn) führen zu lassen. Hierfür lernen Wing Tsun-Schüler, den für die Selbstverteidigung zu trägen menschlichen Verstand hintenanzustellen und den eigenen Körper „intuitiv“ die richtigen Entscheidungen treffen zu lassen.

In diesem Ansatz spiegeln sich deutlich die Wurzeln des Wing Tsun im Taoismus wider. Das taoistische „Fließen lassen“ wird zum körperlichen Trainingserlebnis. Damit verbindet Wing Tsun in besonderer Weise körperliche Aktivität mit fast meditativer geistiger Entspannung.

Wing Tsun erweist sich somit nicht nur als effektive und effiziente Möglichkeit zur Selbstverteidigung, sondern auch als optimaler Ausgleich zu kühler Rationalität und fehlender körperlicher Bewegung im Alltag.


Diamond Wing Tsun: Vom Diamantenschliff zum individuellen Kampfkunststil

Mit der Entscheidung, meine Wing Tsun-Schulen nicht mehr unter einem Dachverband zu leiten, stellte ich mir auch die Frage, wie ich meinen individuellen Wing Tsun-Stil weiterentwickeln, präsentieren und vermitteln kann.

Ich griff einen Gedanken auf, der mich bereits seit Jahren begleitete: die Parallelen zwischen meinem Trainingsansatz und einer großen, privaten Leidenschaft: dem Diamantenschliff.

Bei Diamanten entscheidet bereits die Anlage der ersten Facetten in einem bestimmten Verhältnis zueinander über die spätere Brillanz des geschliffenen Steins. Dieser Ansatz spiegelt sich in der ersten Form des Wing Tsun wider, der Siu Nim Tao.

Nach dem Grundschliff werden die weiteren Facetten angelegt (geschliffen). Nur wenn Alles im richtigen Winkel und Verhältnis zueinander steht, erhält ein Diamant die einzigartige Brillanz, die als Feuer der Bewegung bezeichnet wird.

Die Eindrücklichkeit dieser Metapher sowie meine Begeisterung sowohl für Diamanten als auch für Wing Tsun übersetzte ich kurzerhand in einen Namen: Diamond Wing Tsun war geboren.


Sifu Edwin Rogoszynski: Vom beeindruckenden ersten Angriff zum Vaterlehrer

Wer ist der Trainer?

1983 kam ich erstmals mit Wing Tsun in Berührung. Ein alter Freund (damals im 5. Schülergrad) demonstrierte mir anhand eines von mir ausgeführten Angriffs das Funktionsprinzip des Wing Tsun. Ich war beeindruckt und fasziniert – und begann noch im selben Jahr mit meiner Wing Tsun-Ausbildung.

1988 erhielt ich die Gelegenheit, als Assistenzlehrer in meiner renommierten Wing Tsun-Schule zu unterrichten. Dafür bin ich meinem Sihing (Kung Fu: älterer Bruder) bis heute dankbar. Kurz danach bestand ich die Qualifikation zum Lehrergrad.

Seit 1990 leite ich meine eigenen Wing-Tsun-Schulen in Berlin-Spandau und Charlottenburg. Seit 2007 firmieren diese nicht verbandsgebunden unter dem Namen Diamond Wing Tsun.

Als Sifu (=Vaterlehrer) sehe ich meine Aufgaben darin, sowohl das Bewusstsein als auch das Selbstbewusstsein meiner Schüler zu stärken. Im Rahmen des Trainings gebe ich jedem die Möglichkeit, seine besonderen Fähigkeiten in der Selbstverteidigung zu erkennen und sie ins tägliche Leben zu übertragen.

Ich übernehme bewusst Verantwortung für und gegenüber meinen Schülern, denen ich im Rahmen einer Kampfkunst unter anderem auch gefährliche Techniken vermittele. Meine Schüler lernen, diese Techniken mit Bedacht einzusetzen, sich gegenseitig zu respektieren und auch anderen Menschen auf diese Weise zu begegnen.